Fahrverbot beim Übersehen eines Verkehrsschildes?

Das Amtsgericht Weimar hat bereits 2016 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 43 km/h eine Geldbuße von 160 € gegen einen Autofahrer verhängt und zusätzlich ein Fahrverbot von einem Monat Dauer angeordnet. Der Betroffene hatte sich dahingehend geäußert, dass er die Beschilderung der Geschwindigkeitsbegrenzung – wahrscheinlich – nicht beachtet habe und er von einem Augenblicksversagen seinerseits ausgehe. Gegen das Urteil des Amtsgerichts hat der Betroffene deswegen Beschwerde eingelegt und hatte letztendlich Erfolg. Das Oberlandesgericht Jena stellte nämlich fest, dass insbesondere das im Urteil verhängte Fahrverbot so nicht bestehen könne.

Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitung und grober Pflichtverletzung
Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ist § 25 StVG. Nach dieser Vorschrift kann ein Fahrverbot unter anderem dann verhängt werden, wenn der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat.

Die Annahme einer groben Pflichtverletzung setzt zunächst voraus, dass der Pflichtverletzung in objektiver Hinsicht ausreichend Gewicht zukommt. Zusätzlich muss der Täter aber auch subjektiv besonders verantwortungslos handeln. Eine grobe Pflichtverletzung kann einem Autofahrer daher nur vorgehalten werden, wenn seine objektiv schwerwiegende Pflichtverletzung auch subjektiv auf grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit zurückgeht.

Grober Leichtsinn, Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit erforderlich
Dem Kraftfahrzeugführer konnte im hiesigen Fall das für ein Fahrverbot erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten gerade nicht vorgeworfen werden, weil der Grund für die von ihm begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung darin lag, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Verkehrszeichen nicht wahrgenommen hatte.

Lässt sich der Betroffene bei dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung dahin ein, er habe wahrscheinlich die Beschilderung der Geschwindigkeitsbegrenzung nicht gesehen, so dass es sich um ein Augenblicksversagen gehandelt habe, muss der Tatrichter die Art und Weise der Beschilderung feststellen und sodann erörtern, ob von einem „Augenblicksversagen“ des Betroffenen ausgegangen werden kann oder ob das Nichtwahrnehmen der Beschilderung grob pflichtwidrig war und zur Anordnung des Fahrverbots führen kann. Dies hat das Amtsgericht hier nicht getan.

Das OLG Jena hat das Urteil des Amtsgerichts daher im Rechtsfolgenausspruch – also insbesondere bezüglich des Fahrverbots – aufgehoben und an das Amtsgericht Weimar zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

OLG Jena, Beschluss vom 16.11.2016, Az.: 1 OLG 121 SsBs 50/16