Feststellung des Wirkstoffgehalts bei Betäubungsmitteln erforderlich

Der BGH hat in einer wichtigen Revisionsentscheidung erneut herausgestellt, dass bei einer Verurteilung im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts der Wirkstoffgehalt der sichergestellten Drogen eine erhebliche Rolle für die Strafe spielt. Insbesondere muss das Gericht den Wirkstoffgehalt dann feststellen, wenn nicht sicher ist, ob tatsächlich eine „nicht geringe Menge“ des Betäubungsmittels vorliegen könnte. Eine Schätzung des Wirkstoffgehalts ist dann nicht mehr ausreichend.

Das Landgericht (LG) Karlsruhe hatte den Angeklagten im vorliegenden Fall unter anderem wegen verschiedener Delikte im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln (Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren, unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil wehrte sich der Angeklagte erfolgreich mit seiner Revision:

Gericht muss Wirkstoffgehalt feststellen
Die Verurteilung des Angeklagten hatte keinen Bestand, weil die Strafkammer des LG Karlsruhe den Wirkstoffgehalt des abgegebenen Betäubungsmittels nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hatte. Das Landgericht hat den Wirkstoffgehalt des sichergestellten Betäubungsmittels mit 5 % THC geschätzt. Gegen diese Schätzung hat der BGH Bedenken erhoben. Gerade im Betäubungsmittelstrafrecht ist die Feststellung des Wirkstoffgehalts ganz entscheidend für die Höhe der Strafe. Wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte und schuldangemessene Festsetzung der Strafen, kann auf eine möglichst genaue Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht verzichtet werden. Die Feststellung war im vorliegenden Fall auch nicht unmöglich. Das Marihuana wurde nämlich sichergestellt und hätte zu diesem Zeitpunkt auch untersucht werden können.

Die „geringen Menge“ bemisst sich nach dem Wirkstoffgehalt
Der BGH konnte nicht ausschließen, dass die Verurteilung des Angeklagten auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Im vorliegenden Fall ging das Landgericht nur von einem relativ geringen Überschreiten der „nicht geringen Menge“ aus. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts zu einer geringeren Wirkstoffmenge und damit auch zu einem anderen Schuldspruch des Angeklagten sowie einer niedrigeren Strafe geführt hätte.

Für den Umgang mit einer „nicht geringen Menge“ ist gemäß § 29a BtMG eine Strafdrohung von nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen. Im schlimmsten Fall droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünfzehn Jahren. Die „nicht geringe Menge“ (§ 29a Abs.2 BtmG) beginnt nach ständiger Rechtsprechung bezüglich Cannabis bei 7,5 g reinem Wirkstoff (THC). Wird die „nicht geringe Menge“ dagegen nicht erreicht, droht ein deutlich geringerer Strafrahmen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Das Landgericht hat die Wirkstoffmenge hier nur geschätzt, statt sie genau feststellen zu lassen. Darin war ein Rechtsfehler zu sehen, bei dem nicht ausgeschlossen ist, dass er Auswirkungen auf die Höhe der Strafe haben könnte. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe deswegen diesbezüglich aufgehoben.

BGH, Beschluss vom 20.06.2017, Az.: 1 StR 227/17