Beweiswürdigung beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Wenig überraschend ist der Besitz und das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln wie Cannabis, Heroin, Kokain oder Crystal Meth in Deutschland verboten. Welche Strafe konkret droht, ist im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geregelt. Bei einer Verurteilung wegen eines Drogendelikts muss das Gericht einige Besonderheiten beachten. Insbesondere kommt es für die Strafhöhe ganz entscheidend darauf an, welche Art von Droge in welcher Menge gehandelt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun erneut entschieden, dass an die Beweiswürdigung des Gerichts im Betäubungsmittelstrafrecht hohe Anforderungen gestellt werden. Nur wenn der Handel lückenlos nachgewiesen werden kann, darf der Angeklagte deswegen verurteilt werden.

Das Landgericht Düsseldorf hatte den Angeklagten im konkreten Fall unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wehrte sich der Angeklagte erfolgreich mit seiner Revision.

Das Landgericht hatte festgestellt, dass der Angeklagte seit dem 24. Oktober 2014 einem Dritten insgesamt 24-mal bei einer Tiefgarage mindestens 100 g Marihuana übergeben hatte. Dieser verkaufte das Rauschgift an unbekannt gebliebene Abnehmer und bezahlte vereinbarungsgemäß jeweils die Lieferung der Vorwoche bei Übernahme der nächsten Lieferung. Später lagerte der Angeklagte in einer von ihm als „Bunker“ genutzten Wohnung mindestens 1,37 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 203 g THC, das zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt war.

Tatzeit, Tatort, Menge der Drogen
Dem BGH reichten diese Feststellungen für eine Verurteilung nicht aus. Um einen Beschuldigten tatsächlich zu überführen, muss das Landgericht eine lückenlose Beweiswürdigung durchführen. Für die Annahme, dass die wöchentlichen Übergaben von Marihuana an den Abnehmer jeweils mindestens 100 g betrafen und am 27. Oktober 2014 begannen, fehle im Urteil jeder Beleg. Damit würden die Feststellungen zu dem Tatzeitraum, der Anzahl der Einzeltaten und den gehandelten Mengen nicht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung beruhen. Handele es sich aber – wie hier – um für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentliche Umstände, so könne auf einen Beleg nicht verzichtet werden.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 24 Fällen kann folglich keinen Bestand haben. Das Urteil wurde diesbezüglich aufgehoben und an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Fall zeigt, dass an eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz hohe Anforderungen gestellt werden. Kann das Gericht die für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentliche Umstände nicht mehr feststellen, darf es die Anzahl der Taten oder die Menge der gehandelten Drogen nicht einfach schätzen oder ohne sichere Beweisgrundlage annehmen. Deutsche Gerichte begehen regelmäßig diese Fehler und beachten nicht die höchstrichterlichen Vorgaben zur Beweiswürdigung. In diesen Fällen lohnt sich das Einschalten eines auf das Revisionsrecht spezialisierten Rechtsanwalts. Häufig kann so eine Neuverhandlung der Sache erreicht werden, die meistens zu einer deutlich milderen Strafe führt.

BGH, Beschluss vom 02.11.2016, Az.: 3 StR 356/16