DNA-Spuren müssen nicht immer zu einer Verurteilung führen

Gerade DNA-Spuren und deren Verwertung führen in letzter Zeit vermehrt zu erfolgreichen Revisionen. Wenn die Polizei DNA-Spuren findet, wird Beschuldigten häufig suggeriert, sie seien zweifelsfrei überführt. Es obliegt dann dem Fachanwalt für Strafrecht darzulegen, dass der Beweiswert häufig nicht so hoch ist, wie oftmals angenommen. Aus der Praxis als Verteidiger in Revisionsverfahren kennen wir viele Beispiele, in denen Landgericht an den hohen Anforderungen der Prüfung und Darlegung von DNA-Spuren gescheitert sind und die Revision Erfolg hatte.

Diesmal hat es das Landgericht Kassel erwischt, welches den Angeklagten wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt hat. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte gemeinsam mit seiner Großfamilie in einem stark heruntergekommenen Wohnhaus lebte. Wegen ausbleibenden Zahlungen verlangte der Eigentümer die Räumung des Gebäudes. In der Folge kamen laut Landgericht alle erwachsenen Bewohner des Gebäudes überein, den Versicherungsfall durch Brandstiftung herbeizuführen, um die finanzielle Lage der Großfamilie zu verbessern. Durch das gelegte Feuer, brannte der Dachstuhl komplett aus, durch Löschwasser wurde das restliche Gebäude bis ins Kellergeschoss vollständig zerstört.

Gegen die Verurteilung legte der Angeklagte erfolgreich Revision ein.

DNA-Spur muss Schluss auf Täter eindeutig zulassen
Das Landgericht Kassel war auf Grund zweier DNA-Spuren von der Täterschaft des Angeklagten ausgegangen. Es hatte seine Verurteilung maßgeblich auf diese Beweismittel gestützt. Eine DNA-Spur wurde an einem Zuckerstreuer gesichert, der als Brandsatz benutzt worden sein soll. Die anderen DNA-Spur befand sich auf einem Benzinkanister. Ein Sachverständiger kam daraufhin zu der Erkenntnis, dass sich der Angeklagte als Verursacher der DNA-Mischspuren nicht ausschließen lasse. Einen sicheren Schluss dahingehend, dass der Angeklagte der Hauptverursacher sei, ließe die Spur jedoch nicht zu.

Gleichwohl hat die Strafkammer, obwohl kein eindeutiger Hauptverursacher feststellbar war, aus der DNA-Spur auf die Täterschaft des Angeklagten geschlossen. Diese Annahme ist – wie der BGH in der Revision nunmehr entschieden hat – fehlerhaft. Denn fehlen andere maßgebliche Beweismittel, muss die DNA-Spur den Täter eindeutig identifizieren.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

In Strafprozessen ist es immer wieder problematisch, wie weit DNA-Spuren tatsächlich verwertbar sind. Dabei handelt es sich gar nicht primär um eine juristische Frage, sondern bedarf auch naturwissenschaftlicher Kenntnisse. Insbesondere bei sogenannten Mischspuren, also Spuren die verschiedene DNA beinhalten, ist eine Identifizierung häufig schwierig. In diesen Fällen hat der Strafverteidiger nicht nur die Aufgabe juristisch auf das Ergebnis einzuwirken, sondern muss auch darauf achten, dass die naturwissenschaftlich anerkannten Regeln bei der Auswertung und Beurteilung der DNA-Spuren eingehalten werden.

Selbst erfahrene Strafkammern tun sich oftmals schwer, die Hürden der Darlegung des DNA-Gutachtens im Urteil zu erfüllen. Wie hier ergibt sich dann ein Ansatzpunkt für den Rechtsanwalt in der Revision, an diesem Punkt anzusetzen und das Urteil des Landgerichts „zu Fall“ zu bringen.

BGH, Beschluss vom 16.11.2016, Az. 2 StR 141/16