Revision durch Rechtsanwalt Dr. Böttner vor dem OLG Stuttgart erfolgreich

Vor dem OLG Stuttgart konnte Rechtsanwalt Dr. Böttner erneut eine erfolgreiche Revision für einen Mandanten erstreiten. Dies zeigt erneut, dass man sich mit einem Urteil vom Landgericht nicht zufriedengeben muss. Es besteht immer noch die Möglichkeit einer erfolgreichen Revision. Im vorliegenden Fall wurde der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger gemäß § 179 StGB (altes Recht) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Nachdem auch die Berufung vor dem Landgericht Tübingen erfolglos war, legte Rechtsanwalt Dr. Böttner für seinen Mandanten Revision beim Oberlandesgericht Stuttgart ein. Hier rügte Rechtsanwalt Dr. Böttner die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das OLG Stuttgart folgte den Argumenten aus der Revisionsbegründung und hob das Urteil deswegen auf.

Revision bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellation
Das OLG Stuttgart folgte dem Revisionsantrag, dass die Tatbestandsmerkmale für eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger in zwei Fällen objektiv und subjektiv nicht vorlagen. So wurde zum Beispiel nicht deutlich, warum der Angeklagte überhaupt der Täter gewesen sein soll. Das (angebliche) Opfer hatte nämlich angegeben, sie habe erst nicht realisiert, was mit ihr passiere und hätte den Täter im Dunklen auch nicht erkennen können. Es bleibt daher unklar, woraus das Gericht den Schluss zieht, der Angeklagte sei der wahre Täter.

In Fällen in denen Aussage gegen Aussage steht, muss das Tatgericht außerdem eine besonders sorgfältige Abwägung aller Umstände vornehmen. Aus dem Urteil muss sich ergeben, dass eine umfassende Gesamtwürdigung aller Beweise stattgefunden hat. Dazu gehört laut OLG Stuttgart auch, dass die entscheidenden Teile der Zeugenaussagen möglichst wortgetreu in das Urteil aufgenommen werden. Diesen besonderen Anforderungen im Bereich des Sexualstrafrechtswird das Urteil ebenfalls nicht gerecht.

Wurde der Angeklagter zu Unrecht belastet?
Laut OLG Stuttgart hätte das Tatgericht außerdem überprüfen müssen, ob die Frau den Angeklagten eventuell zu Unrecht belastet. In der Revisionsbegründung wurden mehrere Anhaltspunkte vorgebracht, die für eine Falschbeschuldigung sprachen. Die beiden Beteiligten hatten zuvor gemeinsam getanzt und die Frau hatte dem Angeklagten erlaubt, sie dabei am Hintern zu fassen. Es läge daher zumindest im Bereich des Möglichen, dass der Angeklagte unzutreffende belastet wurde, weil es dem (angeblichen) Opfer im Nachhinein unangenehm war – alkoholbedingt enthemmt – am nächsten Morgen nackt neben ihm aufzuwachen. Mit diesem nicht völlig fernliegenden Motiv hätte sich das Tatgericht in seinem Urteil zumindest auseinandersetzen müssen. Hinzu kommt, dass sich das Gericht nicht mit den eventuell vorliegenden psychischen Problemen (Burnout und Therapie) der Frau beschäftigte. Deswegen ist auch nicht klar, ob ihre Aussage dadurch beeinflusst war.

Auswertung der DNA-Spuren
Ebenfalls nicht ausreichend erörtert hat das Gericht die Tatsache, dass keine DNA-Spuren des Angeklagten in Scheide bzw. Anus des (angeblichen) Opfers gefunden wurden. Aus dem Urteil ergibt sich insbesondere nicht, ob die DNA-Spur nur nicht übertragen wurde oder nachträglich nicht mehr nachweisbar war. Das Fehlen von DNA-Material erscheint darüber hinaus fragwürdig, weil nach der Aussage des Opfers, der Angeklagte seinen Finger mehrmals in sie eingeführt hätte. Hier hätte ein Sachverständiger klären müssen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass dabei keine DNA-Spuren entstehen.

„Fremdflirten“ kein vorwerfbares Verhalten
In der Revisionsbegründung wurde ferner gerügt, dass das Gericht legales Verhalten des Angeklagten in der Vergangenheit negativ wertete und sogar als Schuldindiz heranzog. So zum Beispiel der Umstand, dass er unter Alkohol gerne mit Frauen flirten würde. Das OLG Stuttgart folgte dahingehend der Argumentation von Rechtsanwalt Dr. Böttner und erklärte, dass aus legalem Verhalten keine nachteiligen Schlüsse für den Angeklagten gezogen werden dürfen.

Insbesondere kann nicht der Schluss gezogen werden, dass dem Angeklagten sexuelle Übergriffe im Allgemeinen nicht wesensfremd seien. Auch das (eventuell negative) Verhalten des Angeklagten gegenüber seiner eigenen Ehefrau, ist rechtlich nicht relevant. Denn bei dem (angeblichen) Opfer handele es sich ja gerade nicht um seine Ehefrau und Sexualpartnerin. Das Verhalten gegenüber der eigenen Frau lässt deswegen keine tragfähigen Schlüsse bezüglich anderer Frauen zu. Außerdem sei das Flirten nach Alkoholkonsum in weiten Teilen der Bevölkerung sozial-adäquat und kann ebenfalls nicht als Beleg für sexuelle Übergriffe herangezogen werden.

Revision erfolgreich bei fehlendem Vorsatz
Schließlich enthält das Urteil keine ausreichenden Darlegungen zur Beweiswürdigung hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes. Hier hätte das Tatgericht darlegen müssen, dass der Angeklagte vorsätzlich handelte. Der Angeklagte hätte sich also Gedanken über den Zustand des Opfers bei der Tat machen müssen. Er hätte erkennen müssen, dass die Frau stark alkoholisiert war und schlief. Außerdem hätte der Angeklagte das fehlende Einverständnis des Opfers kennen und dessen Widerstandsunfähigkeit ausnutzen müssen. Gerade im Hinblick auf das vorherige gemeinsame Tanzen und den hohen Alkoholpegel hätte das Vorliegen des subjektiven Tatbestands im Urteil näher erörtert werden müssen.

Das Urteil des Landgerichts Tübingen weist dementsprechend zahlreiche rechtliche Mängel auf. Es wird aufgrund der Revision des Angeklagten aufgehoben. Dies zeigt erneut, dass man sich mit einer Entscheidung vom Landgericht nicht abfinden muss. Das Fertigen einer Revisionsbegründung gehört jedoch zu den schwersten Aufgaben im Strafrecht und verlangt umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im gesamten Strafrecht und Strafprozessrecht. Rechtsanwalt Dr. Böttner ist seit über zehn Jahren aktiv im Revisionsrecht tätig. Sollten Sie überlegen, ob in Ihrem Fall eine Revision sinnvoll erscheint, können Sie uns gerne kontaktieren. In einer ersten Beratung erörtern wir mit Ihnen gerne die Chancen einer Revision in Ihrem konkreten Fall.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.08.2017, Az: 4 Rv 25 Ss 319/17