Revisionsgrund: Rücktritt vom Versuch übersehen

Das Strafrecht belohnt den freiwilligen Rücktritt von einer versuchten Straftat. Wer freiwillig die „goldene Brücke“ zurück in die Legalität wählt, dem kommt eine Straffreiheit zugute. Dies gilt grundsätzlich für alle Straftatbestände, sofern der Erfolg der Tat noch nicht eingetreten ist. Vergisst ein Gericht bei einem versuchten Straftatbestand den Rücktritt zumindest in Betracht zu ziehen, stellt dies einen Fehler dar, der zu einer erfolgreichen Revision führt. In der Praxis sieht man immer wieder, dass die Gerichte den Rücktritt gar nicht sehen oder nur sehr oberflächlich behandeln. So auch hier:

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen mehrerer Diebstahlstaten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Unter anderem soll der Angeklagte nachts in ein Juweliergeschäft eingebrochen sein, um Schmuck an sich zu bringen. Während er sich im Verkaufsraum aufhielt, löste ein Bewegungsmelder die Alarmanlage aus. Da er diese jedoch zuvor mit Bauschaum gedämpft hatte, erregten die akustischen Signale keine Aufmerksamkeit. Nachdem er sich zu den Safes begeben hatte, brach er „aus unbekanntem Grund“ – möglicherweise, weil er die zweite auf den Innenbereich gerichtete, tatsächlich nicht funktionierende Kamera entdeckt hatte – die Tat ab und verließ das Geschäft.

Möglichen Rücktritt nicht geprüft
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls. Einen möglicherweise freiwilligen und deswegen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten von der Tat, prüfte das Gericht jedoch nicht. Dies war fehlerhaft und der Bundesgerichtshof (BGH) hob das entsprechende Urteil auf. Das Tatgericht hätte zumindest Feststellungen zum sogenannten Rücktrittshorizont treffen müssen. Da dies nicht geschah, kann insbesondere nicht beurteilt werden, ob der Angeklagte von einer noch für möglich gehaltenen Tatvollendung freiwillig Abstand genommen habe. Die Aufhebung erfasst auch die Verurteilung wegen der beim Einbruch mitverwirklichten Sachbeschädigung.

Der Wegfall der für diese Tat verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zieht die Aufhebung auch der Gesamtstrafe nach sich. Denn der Senat kann nicht hinreichend sicher ausschließen, dass die Gesamtstrafe ohne die aufgehobene Strafe niedriger ausgefallen wäre.

BGH, Beschluss vom 9.5.2018, Az.: 5 StR 150/18