Freispruch in der Revision: Verurteilte Tat war nicht angeklagt

Das Gericht ist bei seiner Urteilsfindung an die Tat gebunden, die Grundlage der Anklageschrift war (§ 264 StPO).  In der vorliegenden Entscheidung hatte das Oberlandesgericht Dresden sich mit einem Fall zu befassen, in welchem der Angeklagte wegen Diebstahls angeklagt, aber wegen Hehlerei verurteilt wurde. Gegen diese Entscheidung des Landgerichts Zwickau wehrte sich der Angeklagte erfolgreich mittels Revision, und rügte einen Verstoß gegen die Bindung des Gerichts an die angeklagte Tat aus § 264 StPO.

Aufgrund des in der Anklageschrift beschriebenen Tatvorgangs soll der Angeklagte zwei Parfümflaschen aus den Geschäftsräumen einer Drogerie entwendet haben. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung stellte das Landgericht jedoch fest, dass der Angeklagte diese zwei Parfümflaschen nicht entwendete, sondern lediglich von zwei unbekannten Tätern beauftragt wurde, diese Parfümflaschen auf einer Grünfläche zu suchen und in seinen Besitz zu nehmen.

Zwar umfasst die in der Anklage umschriebene Tat auch das sonstige Verhalten des Angeklagten, jedoch nur in soweit wie dieses sonstige Verhalten mit der angeklagten Tat einen einheitlichen Lebensvorgang bildet. Im vorliegenden Fall wird jedoch von der angeklagten Tat vollständig abgewichen, und eine Tat verurteilt, die in keiner Weise mit der angeklagten Tat im Zusammenhang steht. Aus diesem Grunde gibt das Oberlandesgericht der Revision des Angeklagten statt und stellt fest, dass der eigenhändige Diebstahl von Parfümflaschen keinen einheitlichen Lebensvorgang mit der Sicherung von Diebesgut bildet, welches andere Täter entwendet und an einem anderen Ort als den Tatort abgelegt haben.

Aufgrund der eindeutigen Beweislage gibt das Oberlandesgericht der Revision nicht nur statt, sondern spricht den Angeklagten hinsichtlich des angeklagten Diebstahls sogar frei. Bezüglich der Hehlerei wird das Verfahren aufgrund eines Prozesshindernisses eingestellt, da er für den gleichen Lebenssachverhalt nicht erneut angeklagt werden darf.

Somit hat sich die Revision für den Angeklagten gleich in mehrfacher Hinsicht gelohnt, da er sich nunmehr auch keinem neuerlichen Strafverfahren mehr ausgesetzt sehen muss.

 

OLG Dresden, Beschluss vom 19.09.2019 – 1 OLG 22 Ss 563/19