Revision: Tätige Reue durch Rettung des Opfers?

Eine Besonderheit bei Brandstiftungsdelikten ist, dass eine nachträgliche tätige Reue gemäß § 306e StGB i.V.m. § 49 Absatz 2 StGB dazu führen kann, dass das Gericht von einer Strafe absehen oder diese nach seinem Ermessen mildern kann. In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging es um die Frage, ob die Strafe auch wegen tätiger Reue zu mildern ist, wenn der Täter das Opfer aus einem brennenden Gebäude rettet.

Das Landgericht hatte den Angeklagten, nachdem dieser den Wohnwagen, in welchem er sich mit seiner Freundin befand, anzündete, wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Strafverteidiger des Angeklagten Revision ein, mit der Begründung, dass sich das Landgericht mit der Frage hätte beschäftigten müssen, ob die Strafe gem. § 49 Abs. 2 StGB zu mildern sei. Der Angeklagte hatte sich und die Geschädigte, nachdem sich das Feuer ausbreitete, aus dem Wohnwagen gerettet. Fraglich ist, ob hierin eine tätige Reue im Sinne des Gesetzes zu sehen ist.

Die Revision hatte Erfolg. Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes sei die Strafe aufgrund von tätiger Reue im Sinne von § 303e StGB zu mildern. Zwar zeigt tätige Reue nach dem Wortlaut nur, wer den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht, jedoch sei nicht ersichtlich, warum jemand, der ein effektiveres Mittel zur Abwehr der Gefahr einsetzt, von der Strafmilderungsmöglichkeit nicht profitieren sollte. Vorliegend wurde die Geschädigte, Freundin des Angeklagten, durch den Brand in die Gefahr des Todes gebracht. Diese konkrete Gefahr des Todes war am effektivsten durch das Verlassen des Wohnwagens abzuwenden. Aus diesem Grunde sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs § 306e StGB entsprechend anzuwenden und die Strafe des Angeklagten aufgrund von tätiger Reue zu mildern.

 

BGH, Beschluss vom 27.5.2020 – 1 StR 118/20